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Bipolar im Alter (2 Antworten)

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Hallo,
ich habe einen Vater, der schon Anfang der 70ger eine Bipolare Störung (damals hieß das ja noch manisch-depressiv) diagnostiziert bekommen hat. Er hatte 2 Suizidversuche hinter sich und danach hat er Lithium bekommen. Er war Anfang 30 und hatte bereits 2 Kinder. Jahrelang ging es gut, er hat sogar Karriere gemacht und nur 2 oder 3 mal versucht das Lithium abzusetzen. Das begann jedes Mal mit einer Manie und er am Ende in der Psychiatrie. Glücklicherweise hat er gut verdient, so dass er nur wahnsinnig viel Geld ausgab. Ihr kennt das ja: Wohnung kaufen, rastlos Dinge kaufen und was sonst noch. Er ist inzwischen 76 Jahre und seit mindestens 4 Jahren verhält er sich auffällig. Er hatte Gangstörungen, fiel andauernd hin, redet sehr viel und manchmal wirres Zeug. Alles sah nach einer Demenz aus, denn seine Mutter war dement und verhielt sich genauso.
Es folgten viele Krankhausaufenthalte wegen Verdacht auf Schlaganfall (er hatte wohl auch ein paar kleinere Schaganfälle), in einer Psychiatrie war er auch mehrfach aber er türmt dort auch immer wieder. Passt ihm irgendwas nicht, dann schlägt er verbal um sich und verschwindet einfach. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft er inzwischen im wahrsten Sinne auch von zu Hause weggelaufen ist. Er lebt immer noch mit meiner Mutter zusammen, die all die Jahre bei ihm geblieben ist. Es ist sicher nicht einfach mit ihm aber sie ist auch nicht ohne. Ich hab immer schon gedacht, das ich niemals so leben wollen würde. Sie scheinen aber nicht miteinander und nicht ohne einander leben zu können. Ist er weg, dann macht meine Mutter viel und ist er da, dann ist sie genervt und darum verschwindet er auch immer wieder, weil er sich überflüssig fühlt. Ach, das ist ne lange und ermüdende Geschichte.
Für mich als Tochter ist es schlimm, denn er schlägt verbal auch immer wieder auf mich ein. Im Moment redet er gar nicht mit mir (wie immer, wenn er in der Weglaufphase ist) aber auch, weil er auf mich böse ist. Ich habe in seinen Augen etwas Schlimmes getan und in seinem verquerten Zustand werde ich das ganz sicher nicht klären mit ihm. Ich habe einfach Angst, dass er mich wieder "verletzen" könnte. Das hat er in all den Jahren immer wieder geschafft und ich gehe da kein Risiko mehr ein. Ich hatte vor 2 Jahren ein geplatzes Aneurysma und Hirnblutungen, die ich gerade so und ohne Schäden überlebt habe. Es gibt davon noch 2 weitere in meinem Kopf. Er weiss das aber wenn er einmal los legt, dann ist er nicht mehr zu bremsen. Darum halte ich auch so viel wie möglich Abstand zu ihm aber es belastet mich trotzdem.
Es stand immer wieder eine Demenz im Raum, weil er auch komische Dinge macht. Wildfremde Menschen merkwürdige Sachen fragt, beleidigt ist, wenn er merkt, dass man ihn nicht ernst nimmt. Zieht unterschiedliche Strümpfe an oder sein Hemd nur halb runter. In der letzten Klinik, wo er jetzt gerade ist, sagen sie, er hätte keine Demenz. Es läge alles daran, dass er die Medikamente nur sehr unregelmäßig nimmt. Er macht das gar nicht unbedingt mit Absicht, sondern kommt immer wieder durcheinander. Mal nimmt er zuviel, mal nimmt er zu wenig. Mal darf meine Mutter ihn kontrollieren und am nächsten Tag wird er böse darüber, wenn sie was sagt.
Meine Mutter ist gerade mal wieder in der Phase "jetzt ist alles wieder gut". Er nimmt seine Tabletten, ist verhältnismäßig lieb und vor allem ganz weit weg! Meine Schwester und ich waren mal bei einer sozial-psychiatrischen Beratung und da sagte man uns, dass beide "verrückt" sein. Er soll jetzt zurück kommen (war in Norddeutschland) und erst mal in eine Klinik hier in die Nähe. Ich bin gespannt ob er da rein geht und auch da bleibt. Ach ja, man hatte ihm in seinem Wohnort kein Lithium mehr geben wollen, weil das toxisch wirken würde und ihm was anderes (was mir entfallen ist) gegeben. Darunter wurde sein manisch-depressiven Wechselzustände aber auch nicht wirklich besser. Er wollte unbedingt das Lithium wieder und darum ist er auch weggelaufen in eine Klinik nach Norddeutschland und da hat er es auch wieder bekommen. Aber alles steht und fällt aber mit der regelmäßigen Einnahme des Lithiums und der Kontrolle des Spiegels. Beides ist ein Problem mit bzw. für ihn. Gibt es eigentlich keine Depotspritzen oder so was? Er kriegt das nie im Leben mehr auf die Reihe und das muss anderen doch auch so gehen...
Warum ich mich an Euch wende? Ich wollte mal hören, was Ihr so über diese Geschichte sagt. Mir alles mal von der Seele schreiben und vielleicht habt Ihr ja Erfahrung mit Lithium bzw. Bipolare Störung im Alter. Gibt es spezielle Wohnheime oder so was für ihn?
Er ist ja kein junger Mensch mehr und meiner Mutter am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Ich kann sie da leider auch nicht entlasten, denn aufgrund meiner Erkrankung halte ich mehr Abstand als früher.....
Wir hatten echt Glück, denn die Jahre vorher war er gut eingestellt, wenn er die Tabletten nahm. Erst jetzt wird das Problem immer größer und eigentlich rechne ich schon damit, dass er wieder weglaufen wird. Er hat dann übrigens immer ein Ziel und fährt mit dem Zug keuz und quer durch die Republik. Irgendwann wird er da noch unter die Räder kommen. :-(
Liebe Grüße und danke für´s lesen!
Silma

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