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Mein Bruder (keine Antworten)

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Hallo zusammen

Ich wende mich als Angehörige an euch - vor allem an andere Angehörige und bitte um euren Rat und Erfahrungsaustausch.

Kurz zusammengefasst: Bei meinem jüngeren Bruder (27) wurde vor einigen Jahren eine bipolare Störung diagnostiziert. Das Problem: Er selbst sieht es nicht ein und seine Schwankungen sind extrem. Er wurde bereits einige Male unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Das letzte Mal als er an einer Brücke stand. Aber auch schon, weil er entblößt durch einen Park lief oder sich auf die Tramgleise legte mit der Begründung: Er wollte sich nur beweisen, dass er höhere Kräfte habe, die ihn das Tram umlenken ließe. Selbstmordabsichten verneinte er jedes Mal. Zudem greift er leider immer wieder zu Partydrogen.

Wenn er eine Phase hat in der er einen stabilen Eindruck macht, scheint er wieder ganz normal zu sein. Wir unternehmen gemeinsam Dinge, versuchen ihn überall miteinzubinden und überhaupt ist er dann nach außen ein absolut sympathischer junger Mann, den man sofort mag. Trotz allen Vorfällen hat er deswegen auch immer wieder einen neuen Job und eine neue Wohnung gefunden. Ich wünsche mir nichts mehr, als dass er sein Leben meistern kann und es ihm gut geht. Dies sagte ich ihm letztens auch, als er meinte er konnte wieder kaum schlafen und er müsse schlafen, weshalb er einen Ausflug absagen müsse. Er schrieb mir auch, dass wir alle keine Ahnung haben durch was für eine Hölle er gehen müsse und dass seine Bestimmung "leiden" sei und sein Schicksal sicherlich kein gutes Ende habe. Und was er denn machen solle, niemand könne ihm helfen. Ich versuchte daraufhin ihm zu sagen, dass ich für ihn da sei, dass seine ganze Familie (Vater, Mutter, Schwester und ich) hinter ihm stehen und es vielleicht auch gut wäre, wenn er stetig medikamentös und auch mit Gesprächstherpie versuche sein Leben einigermaßen stabil zu halten, weil wir doch alle wollen, dass er diese auf und abs nicht immer durchmachen müsse. Kurz gesagt: Ich auf ihn einzugehen mit gut ausgewählten Worten. Zurück kamen diesen Freitag Worte, die mich bis heute traurig stimmen und mich nicht mehr los lassen. Ich wäre wie alle anderen und ich würde ihn doch nur als psychisch Kranken ansehen, er könne aber nichts dafür, denn höhere Mächte wären da am Werk und ich soll ihn einfach in Ruhe lassen, er wäre sowieso alleine und ich werde erstmal eine Weile nichts mehr von ihm hören. Meine Schwerster sprach auch noch mit ihm, aber seine letzten Worte an sie waren: "f*** dich doch!". Dies nur, weil sie ihm sagte, dass sie sich gefreut habe auf den Ausflug und sie es schade fände, dass er nicht mitkäme.

Ich liebe meinen Bruder und ich weiß, dass er viel Rücksicht braucht, aber langsam weiß ich nicht mehr was ich tun kann. Ich mach mir Sorgen um ihn und ich weiß nicht, wie es ihm jetzt gerade geht. Ich hab Angst, dass es irgendwann heißt, er lebt nicht mehr, weil er sich im Wahn oder aus Aussichtslosigkeit doch was angetan hat. Gleichzeitig bin ich mir dieser Machtlosigkeit langsam leid, mein Vater, der herzkrank ist, tut mir leid, meine Mutter, die selbst psychisch sehr instabil ist, tut mir leid und es ist einfach schrecklich, dass ihn alle mit ganz viel Vorsicht und Verständnis behandeln müssen, er uns aber immer wieder weh tut. Ist denn die einzige Möglichkeit als Angehöriger, wenn alles nichts bringt, sich von dem Betroffenen abzugrenzen? Meine einzige Hoffnung ist, dass er es irgendwann doch einsieht. Mit der Diagnose und deren Beschrieb, sowie Therapiemöglichkeit hat ihn noch nie jemand knallhart konfrontiert - aus Rücksicht und Unsicherheit bezüglich seiner Reaktion. Wäre dies noch eine Möglichkeit oder würde es alles noch schlimmer machen? An alle Betroffenen, die es eingestehen haben: was ist passiert, dass ihr es schlussendlich einsehen konntet?

Lg Emerahl

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