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Börsensucht bzw. Spielsucht auf der Suche nach Gefühlen (2 Antworten)

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Hallo Forum,

ich war wieder eine Weile nur stiller Mitleser. Und habe das nicht mal regelmäßig getan. Letztes Mal habe ich über eine überstandene Grippe geschrieben. Und dass ich anschließend "im Loch" fest hing. Die Grippe ist nun bestimmt überstanden. Das Loch nicht. Ich meine damit eigentlich eher eine Mulde, um im Bild zu bleiben. Denn eine schwere Depression ist es sicherlich nicht, und wohl auch keine mittlere. Aber es ist nicht gut. Und ich plage mich seit Monaten mit einem Zustand, den ich wohl besser mit einer emotionalen Erstarrung beschreiben würde, mit kleinen Ausflügen ins Weinerliche. Ich komme auch immer mal raus, speziell wenn ich im Büro bin. Wobei ich da nie so recht weiß, ob das nicht nur eine Maske ist, die da zum Einsatz kommt. Aber es fühlt sich oft völlig ok an.
Am Wochenende sacke ich dann ab. Da brauchte es nur wenig Anlass - meist normale Anforderungen, mit denen meine Frau sich an mich wendet. Aber auch nicht so normale, die sich darauf beziehen, dass wir darüber nachdenken, ein Haus zu bauen. Und das macht mir Angst. Denn das, befürchte ich, kann leicht eine Nummer zu groß für einen wie mich sein. Warum ich mich trotzdem auf das Projekt einlasse? Hm, es hat sich aus Umständen so ergeben, fast aufgedrängt hat es sich. Ich würde das gern erst mal nicht näher erläutern, weil es, so meine ich, nicht so viel zur Erhellung beitragen würde, wenn ich erkläre, wie was warum.

Was mich nun aber wirklich heute dazu bringt, hier zu schreiben, gehört vielleicht fast in ein anderes Forum, aber irgendwie eben auch nicht. Es sind zwei Dinge geschehen, die mir große Sorgen machen. Zum einen hatte ich diese Woche einen Termin bei meinem Psychiater (meinem neuen, seit letztem Jahr - ich glaube, ich hatte mal erwähnt, das der alte plötzlich verstarb und ich auf einmal mit einem neuen Arzt mit neuen Ansichten über mich konfrontiert wurde). Zum anderen habe ich schon in der Woche vor diesem Termin das Spekulieren mit hochriskanten Hebelprodukten wiederentdeckt, das mir zunächst ein paar kleine Gewinne einbrachte.
Ich hatte schon mal im Februar/März auf diese Art zwei drei Wochen spekuliert und es dann aber sein gelassen, weil ich merkte, dass Stress und die Bilanz über Gewinne und zum Teil schlimme Verluste in keinem guten Verhältnis standen. Obwohl es durchaus so war, dass ich seinerzeit einen gewissen Gewinn erzielt hatte.
Da unser Girokonto in letzer Zeit nun mehrfach bedrohlich unter Null gesackt war, was einer gehörigen Mieterhöhung am Jahreswechsel geschuldet ist (Das ist einer der Gründe für die Hausbau-Idee), fand ich es nun plötzlich reizvoll, mal zu gucken, ob ich es nicht doch auf diese Art noch mal probiere. Und es klappte. Das Konto war für diesen Monat nach einigen glücklichen Trades aufgefüllt. ich war stolz auf mein "Können". Und es hätte damit gut sein können. War es natürlich nicht.
Der Stress brachte mir am Wochenende einen komplett versauten Sonntag ein, und Montag schaffte ich es erstmals wegen einer "falschen" Stimmung nicht zur Arbeit. Ich gab auf halben Wege auf, und ging zurück nach Hause, um zu lesen. Mein normaler Rückzugsort.
Dann folgte ein ganz passabler Dienstag, an dem alles wieder recht gut zu sein schien.
Und es folgte der Mittwoch mit dem Termin beim Psychiater. Der Termin lief nicht so gut. Ich hatte das Gefühl, er sieht mich falsch. Er hat bisher gar keine extremen Stimmungen bei mir erlebt, was ich zum einen darauf zurückführe, dass ich seit Jahren halbwegs mit Carbamazepin, einem sehr regelmäßigen Leben und einigen anderen Maßnahmen gut eingestellt bin und gut auf mich achte. Zum anderen hat er mich vom Quetiapin befreit, dass mir eigentlich (noch vom alten Psychiater verordnet) nichts wie Kummer gebracht hatte.
So hat er mir zum Beispiel an einem unserer ersten Termine eröffnet, dass er mich nicht unbedingt als psychisch krank erleben würde. Dafür hätte ich in meinem Leben zu viel auf die Reihe bekommen. Intakte Ehe, 15 Jahre beim selben Arbeitgeber, zwei normale Kinder, finanziell normal dastehend. Dann kam ich vor einigen Wochen zu ihm und erzählte von Hausbauplänen und dass ich Sorgen habe, das zu bewältigen. Das unterstützte ihn natürlich in seiner Meinung. Wie auch hier spätestens jetzt mancher denken mag, was hat der Kerl denn eigentlich? Bei dem läuft's doch.
Meine Achterbahn habe ich ja vor nun schon über 15 Jahren verlassen. Habe zugleich das Saufen und das Rauchen aufgegeben, habe meinen Psychiater wieder aufgesucht (den ich viele Jahre ignoriert hatte), und habe angefangen Carbamazepin zu nehmen und ihn regelmäßig besucht.
Aber wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er auf's Eis. So heißt es doch. MIr war zwar schon eine ganze Weile nicht mehr ganz wohl. Und so hinkt das etwas. Aber es soll ja auch eher die Außenansicht darstellen. Mein Arzt meinte, er würde mich zwecks Abrechnung zwar schon noch unter der Diagnose Bipolar führen, aber er sei eher der Meinung, ich hätte schlicht Probleme, normale Gefühle wahrzunehmen. Aha. Ja, das mag stimmen.
Und um das auch gleich zu untermauern, ging ich ins Büro, und brauchte gerade mal zwei Stunden, um mir außergewöhnliche Gefühle zu verschaffen. Ich kaufte mir wieder sogenannte KO-Scheine, mit hohem Hebel, sprich mit extrem hohem Totalverlustrisiko. Und ich verlor. Ich war geschockt. Und ich fühlte natürlich ordentlich was. Nach kurzem Besinnen dachte ich, gleich wieder auf's Pferd, das kann ja wohl nicht wahr sein. Und setzte die gleiche Summe noch mal. Und verlor auch diese binnen kurzer Zeit. Jetzt war ich so getroffen, dass ich nichts mehr wagte. Ich erzählte abends einem guten Freund davon, der eh nichts von dieser Art, mit Geld umzugehen hält. Und erzählte es anschließend auch meiner Frau. Die war natürlich schockiert. Aber da sich alle auch wieder zurückzogen, dauerte es nur zwei Tage, bis ich es gestern tatsächlich noch mal probierte. Und siehe da - kleiner Gewinn. Ich kann es also doch noch. Gut. Noch so ein paar Scheine. Hm, laufen nicht so ganz wie gehofft, laufen plötzlich in die ganz falsche Richtung. Ein zwei Mal bekomme ich sogar noch die Chance, mit kleinem Verlust raus zu kommen. Aber das konnte ich eh noch nie. Warum also jetzt. Wieder Totalverlust. Bilanz dieser ingesamt vier Handelstage - verheerend. Die kleinen Gewinne sind mehr wie vernichtet. Aber das ist nicht das Schlimmste. Ich stehe plötzlich wieder da, wo ich vor vielen Jahren dachte, entkommen zu sein. Beim Thema Sucht. Ich googele und natürlich finde ich diverse Artikel und Foreneinträge, die mir allesamt sagen: Das ist Spielsucht bzw. Börsensucht, was Du da machst. Oh Mann. Dabei hatte ich doch genug Sorgen. Aber diese hatten mich ja so gelähmt, hatten mich zum emotionalen Nichts zusammengeschnürt. Tja, und da stehe ich nun. Habe wieder ein Wochenende, dass von den Auswirkungen des selbst verursachten Stresses zerstört wird. Und habe außer der Idee, ich müsse unbedingt sofort damit aufhören Geld zu verschleudern, was ich aber noch gar nicht kann, keine ...
Ich weiß einfach überhaupt nicht mehr, was ich eigentlich bin oder habe.

Entschuldigt diesen etwas langen Text. Und entschuldigt bitte auch, dass das Thema hier vielleicht falsch ist. Ich glaube halt immer noch, dass ich hier richtig bin. Denn ich weiß, dass ich sowohl von früher her wie auch von diversen Hochs und Tiefs in den vergangenen Jahren, dass mein Hauptproblem unbeherrschbare Stimmungsschwankungen sind.
Aber wenn ich auf diesen Börsenmist gucke, frage ich mich, ob es da nicht auch um Selbstverletzung geht.

Ich wäre sehr dankbar, wenn der oder die eine andere was dazu sagen mag. Ich bin ratlos.

Viele Grüße
B.

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