Hallo,
in den letzten Monaten wurde das Thema des Angehörigen immer mal wieder aufgegriffen und auch aus aktuellem Anlass wollte ich mal ein Thema etwas konkretisieren.
Es ist natürlich einerseits verständlich und andererseits kann es durchaus für beide Seiten gut sein, wenn sich der Angehörige über die bipolare Störung informiert. Nur manches mal habe ich den Eindruck, dass die Motivation des sich informierens nicht mehr darin liegt, um für sich als Angehöriger einige Fragen zu klären, sondern gar zum Experten dieser Störung zu werden. Dabei fangen manche Angehörige dann an, regelrecht alle möglichen Fachbücher zu wälzen, mit Fachleuten zu sprechen und Fachvorträge sich anzuhören. Es macht den Eindruck eines unglaublichen Engagements.
Der Betroffene selbst scheint öfters in dieser Konstellation dieses Engagement für sich aber nicht zu entdecken. Oder aber seine Intentionen liegen auf ganz anderer Ebene. Der vermeintlich gesunde Angehörige verwandelt sich zum Experten und evtl. ebenso zum "Krankenpfleger", wobei ich nicht selten lese, dass gerade die Betonung auf "Krank, Diagnose, Hilfsbedürftigkeit" liegt. Es macht auf mich den Eindruck, dass der Part als Partner oder Partnerin immer kleiner wird. Irgendwann kippt das Ganze und der Experten-Angehörige wundert sich, dass sein Engagement nicht fruchtet.
Es gibt natürlich auch Angehörige, die sich tatsächlich nur für sich selbst informieren, aber jede Eskapade ihres betroffenen Angehörigen "ertragen" und zwar immer und immer wieder. Auch dies glaube ich, ist keine gesunde Einstellung.
Sicherlich ist es verständlich, dass jeder, der von einer psychischen Störung betroffen ist, zunächst mehrere Stadien durchläuft, von "Erschrocken-Sein" (manchmal auch erleichtert sein, wenn das Kind einen Namen hat), "Nicht-Akzeptieren-Können", "Mit-sich-hardern", "langsame Akzeptanz", "Nochmals-in-Frage-Stellen" bis im besten Falle der tatsächlichen "Akzeptanz". In dieser Zeit passiert es oft, dass jemand seine Behandlung abbricht, zumindest kenne ich niemanden, der nicht mindestens 1 x versucht hat seine Medis von jetzt auf gleich abzusetzen. Aber auch Medikamente garantieren keinen 100%igen Schutz vor einer Phase.
Dass ein Betroffener in einer akuten Phase seine Affekte nicht im Griff hat, dass er oftmals dann auch nicht in der Lage ist, Selbstverantwortung zu übernehmen, ist glaube ich selbstredend. Da kann der vermeintlich gesunde Angehörige oftmals nur gut für sich selbst sorgen und ggf. auf Distanz gehen und sich schützen.
Dennoch ist meine Meinung und meiner Erfahrung nach das Wichtigste, dass zwischen den akuten Phasen die Selbstverantwortung des betroffenen Angehörigen gestärkt wird. Es gibt den Begriff "Empowerment" und meint einerseits "Selbstermächtigung" aber auch "Selbstbestimmung" gepaart mit "Selbstverantwortung". Das Leben in den Griff zu bekommen, bedeutet auch, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Darin enthalten ist, dass ich als Betroffene mich selbst mit der Erkrankung auseinander setze, welche Symptome habe ich, was passiert da mit mir, gibt es Frühwarnsymptome, wie ticke ich, was tut mir gut, was hält mich stabil oder wie komme ich erst wieder in die Stabilität, wie möchte ich leben, was sind meine Ziele, etc. pp. Und wenn das Ziel ist, in einer Partnerschaft zu leben, dann auch eben die Frage, wie beziehe ich meinen Partner, meine Partnerin mit ein, wie kann der Angehörige mich mit unterstützen.
Dem Angehörigen wiederum sollte auch klar sein, bis wohin dieser mitgehen möchte. Was er wirklich zu Leisten vermag, welche Grenzen auch dieser setzt. Seine Gesundheit ist ebenso wichtig, wie die Gesundheit des betroffenen Angehörigen. Und diese Grenzen, die er dann hoffentlich auch Verbalisiert, sollte er dann auch konsequent einhalten. Denn dass ist meiner Meinung nach, auch eine Richtschnur für den Betroffenen.
Hilfe also immer im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Mehr Begleitung als die Rolle des "Steine aus dem Weg-Räumer" oder "Krankenpfleger-Ich-leg-dir-die-Tabletten-hin".
Das sind meine Gedanken dazu und auch meine Erfahrungen als Betoffene einer psychischen Störung. Ich muss selbst den Weg gehen für meine Genesung, nicht der Angehörige, nicht der Professionelle, etc pp. Sie können mich höchstens unterstützen oder begleiten, bis zu ihren persönlichen Grenzen, aber die Hauptverantwortung in stabilen Zeiten liegt bei mir selbst.
Viele Grüße Heike
in den letzten Monaten wurde das Thema des Angehörigen immer mal wieder aufgegriffen und auch aus aktuellem Anlass wollte ich mal ein Thema etwas konkretisieren.
Es ist natürlich einerseits verständlich und andererseits kann es durchaus für beide Seiten gut sein, wenn sich der Angehörige über die bipolare Störung informiert. Nur manches mal habe ich den Eindruck, dass die Motivation des sich informierens nicht mehr darin liegt, um für sich als Angehöriger einige Fragen zu klären, sondern gar zum Experten dieser Störung zu werden. Dabei fangen manche Angehörige dann an, regelrecht alle möglichen Fachbücher zu wälzen, mit Fachleuten zu sprechen und Fachvorträge sich anzuhören. Es macht den Eindruck eines unglaublichen Engagements.
Der Betroffene selbst scheint öfters in dieser Konstellation dieses Engagement für sich aber nicht zu entdecken. Oder aber seine Intentionen liegen auf ganz anderer Ebene. Der vermeintlich gesunde Angehörige verwandelt sich zum Experten und evtl. ebenso zum "Krankenpfleger", wobei ich nicht selten lese, dass gerade die Betonung auf "Krank, Diagnose, Hilfsbedürftigkeit" liegt. Es macht auf mich den Eindruck, dass der Part als Partner oder Partnerin immer kleiner wird. Irgendwann kippt das Ganze und der Experten-Angehörige wundert sich, dass sein Engagement nicht fruchtet.
Es gibt natürlich auch Angehörige, die sich tatsächlich nur für sich selbst informieren, aber jede Eskapade ihres betroffenen Angehörigen "ertragen" und zwar immer und immer wieder. Auch dies glaube ich, ist keine gesunde Einstellung.
Sicherlich ist es verständlich, dass jeder, der von einer psychischen Störung betroffen ist, zunächst mehrere Stadien durchläuft, von "Erschrocken-Sein" (manchmal auch erleichtert sein, wenn das Kind einen Namen hat), "Nicht-Akzeptieren-Können", "Mit-sich-hardern", "langsame Akzeptanz", "Nochmals-in-Frage-Stellen" bis im besten Falle der tatsächlichen "Akzeptanz". In dieser Zeit passiert es oft, dass jemand seine Behandlung abbricht, zumindest kenne ich niemanden, der nicht mindestens 1 x versucht hat seine Medis von jetzt auf gleich abzusetzen. Aber auch Medikamente garantieren keinen 100%igen Schutz vor einer Phase.
Dass ein Betroffener in einer akuten Phase seine Affekte nicht im Griff hat, dass er oftmals dann auch nicht in der Lage ist, Selbstverantwortung zu übernehmen, ist glaube ich selbstredend. Da kann der vermeintlich gesunde Angehörige oftmals nur gut für sich selbst sorgen und ggf. auf Distanz gehen und sich schützen.
Dennoch ist meine Meinung und meiner Erfahrung nach das Wichtigste, dass zwischen den akuten Phasen die Selbstverantwortung des betroffenen Angehörigen gestärkt wird. Es gibt den Begriff "Empowerment" und meint einerseits "Selbstermächtigung" aber auch "Selbstbestimmung" gepaart mit "Selbstverantwortung". Das Leben in den Griff zu bekommen, bedeutet auch, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Darin enthalten ist, dass ich als Betroffene mich selbst mit der Erkrankung auseinander setze, welche Symptome habe ich, was passiert da mit mir, gibt es Frühwarnsymptome, wie ticke ich, was tut mir gut, was hält mich stabil oder wie komme ich erst wieder in die Stabilität, wie möchte ich leben, was sind meine Ziele, etc. pp. Und wenn das Ziel ist, in einer Partnerschaft zu leben, dann auch eben die Frage, wie beziehe ich meinen Partner, meine Partnerin mit ein, wie kann der Angehörige mich mit unterstützen.
Dem Angehörigen wiederum sollte auch klar sein, bis wohin dieser mitgehen möchte. Was er wirklich zu Leisten vermag, welche Grenzen auch dieser setzt. Seine Gesundheit ist ebenso wichtig, wie die Gesundheit des betroffenen Angehörigen. Und diese Grenzen, die er dann hoffentlich auch Verbalisiert, sollte er dann auch konsequent einhalten. Denn dass ist meiner Meinung nach, auch eine Richtschnur für den Betroffenen.
Hilfe also immer im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Mehr Begleitung als die Rolle des "Steine aus dem Weg-Räumer" oder "Krankenpfleger-Ich-leg-dir-die-Tabletten-hin".
Das sind meine Gedanken dazu und auch meine Erfahrungen als Betoffene einer psychischen Störung. Ich muss selbst den Weg gehen für meine Genesung, nicht der Angehörige, nicht der Professionelle, etc pp. Sie können mich höchstens unterstützen oder begleiten, bis zu ihren persönlichen Grenzen, aber die Hauptverantwortung in stabilen Zeiten liegt bei mir selbst.
Viele Grüße Heike