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Hallo von Angehöriger (5 Antworten)

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Hallo,

ich glaube, dass mein Lebensgefährte manisch ist - zumindest ist es das, wie er selbst es bezeichnet. Kurz zum Hintergrund: Wir sind beide Mittvierziger und seit sieben Jahren in einer Beziehung. Unsere Beziehung ist sehr eng, wir arbeiten zusammen und teilen alle Hobbys, Freunde etc., wenn wir zusammen sein können, sind wir glücklich. Eigentlich, also fast immer. Die ersten zwei Jahre waren der Himmel auf Erden, dann gab es alle paar Monate mal eine unglückliche Situation, die aber meist durch mich (und meine damalige Unsicherheit) verschuldet war. Dann drehte sich das Blatt, ich hatte mich in der Beziehung eingerichtet, und in den letzten Jahren ist immer nur er es, der schlechte Stimmung quasi aus der Luft herbeiruft. Es hat gedauert, bis ich das durchblickt hatte. Zuerst fühlte ich mich durchaus schuldig, dann aber merkte ich, dass er sich Situationen herbeiredet und ich überhaupt keine Chance habe, egal wie ich reagiere, daraus etwas Gutes entstehen zu lassen. Zudem haben sich diese Verhaltensweisen von ihm immer weiter verschlimmert, ich sehe eine ungute Spirale. Die letzten beiden Situationen habe ich mir danach in ein Tagebuch aufgeschrieben, um sie nicht zu vergessen/verdrängen, und ich möchte sie nun hier abschreiben:

1)
Ende Januar 2016, abends: Er geht wieder mal früh ins Schlafzimmer zum Lesen. Ich sehe, dass noch Licht ist und gehe zu ihm. Ich bemerke, dass er bei meinem Reinkommen ins Zimmer schnell sein Tablet zur Seite legt und das Buch in die Hand nimmt. Keine Ahnung warum, ich sage dazu nichts, nehme mir von meinem Nachttisch mein Buch, und gehe wieder raus. Später gehe ich noch einmal zu ihm, da immer noch Licht brennt. Ich frage, ob ich kurz auf seinem Tablet das TV-Programm des Abends checken kann. Diesmal hatte ich den Tausch gegen das Buch zwar nicht mitbekommen, aber da das Tablet warm war, war klar, dass er es wieder vor meinem Reinkommen getauscht hatte. Hm, seltsam. Ich frage ihn, was er gemacht hat und warum er es verheimlicht. (Zwei Tage später erfuhr ich dann, dass er irgendeine amerikanische Serie geschaut hatte, aber die Auflösung ist unwesentlich.) Ich erhalte keine Antwort, also die Antwort, die ich erhalte, lautete "nichts", was nicht befriedigend ist. Er wird sauer, das hatte ich leider erwartet, aber mir auch vorgenommen, mich nicht dadurch einschüchtern zu lassen, sondern freundlich zu bleiben, aber auch das, was ich möchte, nicht aus Angst vor seiner Reaktion zu unterlassen. Nun, ich erhalte zu dem Zeitpunkt keine weitere Antwort, aber die Reaktion ist, dass er seine Decke nimmt und das gemeinsame Schlafzimmer verlässt. Aus meiner Sicht eine völlig übertriebene Reaktion auf eine harmlose Frage. Nun, ich kenne ihn und bleibe ruhig zurück. Natürlich kann ich auch nicht einschlafen. Nach einigen Minuten kommt er zurück und fordert, dass ich das Schlafzimmer verlasse. Ich bin perplex, antworte aber nichts, sondern nehme meine Decke und tue, was er verlangt. Ich gehe ein Stockwerk tiefer, ins Bett meiner (erwachsenen) Tochter, die heute wie zumeist bei ihrem Freund übernachtet. Nach einigen Minuten beginnt er oben zu randalieren. Als erstes schmeißt er meine Matratze die Treppe runter, vor das Zimmer, in dem ich liege. Ich bleibe noch ruhig. Als nächstes nimmt er meine Kleidung und schmeißt sie so laut er kann die Treppe runter. Er will mich einfach nicht in Frieden lassen. Ich kann nicht mehr und gehe hoch zu ihm. Sehe dort, wie er voller Hass mit meinen Kleidungsstücken und Inventar umgeht. Da raste ich aus und schlage ihn, so stark ich nur kann. Er wehrt sich nur wenig und schlägt nicht zurück (er ist sehr stolz darauf, nie in seinem Leben körperlich gewalttätig gewesen zu sein, nicht mal, als er in seiner Jugend von einem Mann vergewaltigt wurde). Kurz darauf schmeißt er mich aus dem Haus und droht damit, mich wegen häuslicher Gewalt anzuzeigen, meint, er hätte Fotos von seinen Wunden gemacht. Ich bin mittlerweile wieder ruhig und kann ihn einfach nicht ernst nehmen. Ich bin auch bereit, das Haus zu verlassen, obgleich seine vorgebliche Angst vor mir höchst lächerlich ist, ich habe auch noch nie zuvor in meinem Leben einen Menschen geschlagen, und wenn er gewollt hätte, hätte er mich, die ich weder kräftig noch sonstwie körperlich überlegen bin, locker abhalten können. Aber dann rudert er zurück und ich soll doch nicht mehr gehen. Bis heute habe ich für mein Verhalten keine Alternative gefunden, außer vielleicht gleich das Haus zu verlassen. Ich bin ja nur ruhig geblieben die ganze Zeit hatte ich mir alles bieten lassen, erst als er an meine Kleidung und das Nähkästchen meiner Großmutter ging, war es bei mir vorbei. Letztendlich haben wir Tage später die Sachverhalte klären können. Sein Vater hatte wohl ähnliches Verhalten an den Tag gelegt, ohne ersichtlichen Grund Streit vom Zaune gebrochen und Geschirr zerschlagen (auch hier keine tätlichen Angriffe auf Menschen).

2)
Ende Februar 2016
Mir reicht es langsam. Wieder eine Situation, so lächerlich im Ursprung und nach dem üblichen Schema. Begonnen hatte es am Freitagabend aus einer witzigen Situation heraus. Er wollte wie üblich, dass ich zur Strafe für mein despektierliches Verhalten oder eine scherzhafte Bemerkung auf den Hocker komme (das ist absolut witzig und nur ein Spiel: Er setzt sich auf einen Hocker, legt mich übers Knie und streichelt mir dann einmal nett über den Hintern, das war's dann.). Gesagt, getan, aber diesmal zog er mir, als ich auf seinen Knien lag, die Hose herunter und wollte intim werden. Das missfiel mir in der Situation, und ich sagte das. Ich stand auf und befreite mich aus der Lage. Mir wurde dann auch schnell klar, dass es eigentlich nur ein nicht gut gelungener Witz war, und für mich war die Sache damit gegessen, aber er drehte sich darauf in der Nacht einen erneuten Anfall von "häuslicher Gewalt" (auf ihn!), da ich bei dem Befreien aus der unglücklichen Lage ihn mit meiner Hand touchiert hatte in einer Bewegung, die man als angedeutete Ohrfeige hätte deuten können. Ein völlig konstruierter Vorwurf. Am nächsten Vormittag wurde darüber gesprochen/gestritten, der Tag verlief dann fast harmonisch, aber nicht entspannt. Am Abend entschied er sich dann wieder früh, schlafen zu gehen, und ich blieb noch wach. Ich blieb lange wach, arbeitete noch etwas in der Küche (machte einen Kuchen, wofür ich gegen 23 Uhr den Pürierstab nutzte - zwei Stockwerke unterhalb des Schlafzimmers). Meine Tochter kam gegen 0 Uhr in der Nacht heim und telefonierte wohl noch kurz mit ihrem Freund, ich war zwar zu dem Zeitpunkt ebenfalls wach und neben ihm, habe davon aber nichts mitbekommen. Er nutzte diese beiden Ungeheuerlichkeiten von uns als Vorwand, um danach mehrfach laut stampfend und Türen knallend durchs Haus zu traben, das Licht an- und auszustellen, im Bett zu rauchen (eigentlich ein no-go!), kurz, um mich wieder zu provozieren. Ich bliebe die ganze Zeit ruhig neben ihm liegen und ließ mich nicht wieder provozieren. Irgendwann am frühen Morgen war Ruhe. Als dann Zeit war aufzustehen und ich in der Küche wie üblich alles vorbereitet hatte, zwang ich mich, normal und freundlich zu sein und nett zu fragen, dass er ja wohl nicht gut geschlafen habe, der Arme. Seine hasserfüllte Reaktion: "Dafür haben andere gesorgt. Ich werde das beim Frühstück thematisieren, dass es asozial ist, um 23 Uhr den Pürierstab zu nutzen und um 0:30 Uhr zu telefonieren. Meinst du, es bringt etwas, dieses asozialen Menschen mitzuteilen?" Ich: "Keine Ahnung, versuche es." Es dauerte weitere 24 Stunden oder so, bis wir langsam aus dieser Situation zurück in unsere Normalität, die übrigens wunderschön ist, man mag es kaum glauben, gelangten.

Ich habe bisher nur mit meiner Tochter über solche Vorfälle gesprochen, diese meint, dass sein Verhalten in diesen Situationen krankhaft sei. Wir kennen uns aber nicht aus, ist es eine Manie? Ich weiß es nicht. Ich habe bestimmt auch meinen Anteil daran und so wie jeder Mensch meine Problemchen mit mir rumzutragen. Ich würde sehr gerne mit ihm in eine Behandlung gehen, aber er glaubt, dass er das alleine in den Griff bekommt. Ansonsten streiten wir übrigens nie, im Alltag können wir über alles reden und sind fast immer einer Meinung, und falls nicht, können wir die des anderen respektieren. Was mir allerdings in den letzten Jahren auch aufgefallen ist und missfällt, ist, dass er sich mir häufig unterordnet und eine Art kindlicher Abhängigkeit zu mir in seinem Verhalten an den Tag legt. Ich möchte immer mit jedem auf Augenhöhe sein und mag es weder, wenn sich jemand mir gegenüber erhöht (wie er es in solchen Phasen versucht) noch hörig unterordnet.

Jetzt habe ich den geneigten Leserinnen und Lesern sehr viel Text zugemutet. Herzlichen Dank für das Durchhalten bis hierher. Ich würde sehr gerne Einschätzungen hören - zu seinem und auch zu meinem Verhalten. Ich brauche Tipps, wie ich mit ihm umgehen soll, wenn er so ist. Gerade jetzt kann ich schreiben, weil er wieder früh schlafen gegangen ist - wieder eine Kleinigkeit, die aber diesmal nicht ausufern wird, denke ich. Man stumpft auch ab dabei. Es ist wirklich nicht leicht.

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