Liebe Leute,
ich bin vor ein paar Tage dem Rat des Forums hier gefolgt, dem meines Psychotherapeuten und auch dem meiner Lebensgefährtin: Ich bin in die Psychiatrie (Geschlossene) gegangen.
Ich wollte da eigentlich nie wieder hin, aber ich habe mir gesagt: Zieh das jetzt durch, beiß die Zähne zusammen und lass alles mit Dir geschehen.
Nach zwei Monaten Depression folgten zwei Wochen Hypomanie mit Mischzuständen. Ich konnte von Tag zu Tag weniger schlafen, am Ende gar nicht mehr. Vorm Einschlafen habe ich dann Angstzustände - ich würde nie wieder aufwachen.
Ich hab das schon mein Leben lang, mein Bruder hat das auch, wir hatten beide Todesangst vorm Alkoholiker-Vater.
Keine meiner vielen Psychotherapien hat daran was geändert in den letzten 25 Jahren. Oft wach ich mit Panik-Attacken schreiend aus dem Schlaf auf. Als hätte ich ein Kriegstrauma.
Dazu bin ich also bipolar und trockener Alkoholiker.
Nachdem ich ein paar Tage fast gar nicht mehr geschlafen hatte, aber morgens halb 5 aufgestanden und zur Arbeit bin...die teils bis abends um 9 geht ... bin ich eines Morgens zusammengebrochen, nur noch Heulen, Schreien, Zähneklappern.
Dann in meine gehasste Psychiatrie. Das war Freitag abend.
Die Ärztin, die kam, verdrehte nur die Augen und sagte zum Pförtner: Ach, den kenn ich schon.
Sie mag mich nicht. Vor zweieinhalb Jahren war ich da. Die haben mir mein Seroquel damals weggenommen, aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen. Die Folge: Ich konnte nicht schlafen in der Geschlossenen, bin zwei Nächte den Flur auf und ab.
Dazu bizarre nächtliche Diskussionen mit den diensthabenden Ärzten. Mein Hinweis - wenn ich nicht schlafen kann mehrere Nächte, werde ich manisch - haben die nicht weiter ernstgenommen.
Schlafentzug ist für mich Folter. Am Ende bin ich verbal ziemlich scharf geworden damals, 2011.
Nicht laut, nicht unter der Gürtellinie, aber sehr ätzend. Kann ich gut. War da schon manisch. Die Ärzte wurden echt sauer auf mich. Der Oberarzt und ich haben uns damals gesagt: Ich mag Sie nicht, Sie mögen mich nicht. Lassen Sie uns aber das hier mit Anstand durchziehen. Das sei die richtige Einstellung, sagte der Oberarzt.
Die Ärztin jetzt am Freitag hat mich behandelt wie einen räudigen Hund. Hat mich jeden Moment spüren lassen, daß sie mir damals, in meiner Manie, die Sachen übelgenommen hat, die ich gesagt hatte. Und daß sie es auch nicht vergessen hat in den zweieinhalb Jahren.
Einem manischen Psychotiker seine Worte über Jahre übelnehmen als Psychiater - ist das professionell?
Sie wollte mich nicht aufnehmen. Ich teilte mit, ich hätte mehrere Nächte nicht geschlafen, sei dann zusammengebrochen, und ich werde manisch. Noch so eine Nacht voller Todesangst stehe ich nicht durch, sagte ich.
Nach Rücksprache mit dem Oberarzt (der mich auch nicht mag) haben die entschieden, mich nicht aufzunehmen. Da sei ja noch ein bißchen "Spielraum" drin bei mir.
Ich habe die dann gezwungen. Habe wahrheitsgemäß gesagt, ich weiß jetzt nicht, wohin, Meine Frau hatte mir den Wohnungsschlüssel abgenommen, damit sie endlich auch mal wieder ruhig schlafen kann. Damit ich nicht nachts manisch plötzlich wieder lautstark in der Wohnung stehe.
Ich hatte ihr ja versprochen: Ich bleibe auf jeden Fall in der Klinik.
Ich müsste meine Frau jetzt sofort anrufen, befahl die Domina...äh...Doktorin. Das lehnte ich ab: Ich hatte meiner Frau versprochen, sie nicht schon wieder nachts aus dem Schlaf zu reißen. Es war mittlerweile gegen ein Uhr nachts.
Dann hätte ich also jetzt ein Problem, sagte ich. Dann müsste ich wohl (ohne Geld und Geld-Karte) in ein Hotel gehen.
Die Ärztin verdrehte die Augen und fing an zu schimpfen. Nein, das findet sie einfach nicht gut., was ich jetzt grad mache. Das findet sie absolut ... (Scheiße) ... nicht gut.
Nach weiterer Rücksprache mit dem Oberarzt sah man ein: Man musste mich aufnehmen.
Ich fragte höflich, was man gegen meine Schlaflosigkeit und gegen meine Panik-Attacken zu tun gedenke.
Ich würde halt mein Seroquel zur Nacht bekommen.
Mein Hinweis: Dann werde ich zwar müde. Das ist aber ein quälender Zustand, weil ich nach jahrzehntelanger Erfahrung in dieser Situation und Verfassung trotzdem nicht einschlafen kann. Da ist die Todesangst vor.
Nee, also nein, sagt die Ärztin: Da könne man jetzt nichts weiter für mich tun. Ich kriege Seroquel und sonst gar nichts.
OK. Dann muss sie mich untersuchen, wegen der Klinik-Aufnahme. Sowas hab ich außerhalb dieser Klinik noch nie erlebt. Ich will mein T-Shirt ausziehen, sie unterbindet das. Hält mir ihr Hörgerät flüchtig über mein T-Shirt, hört sichtlich gar nicht hin.
Ich weise sie ordnungsgemäß darauf hin, daß mein linker unter Lungenflügel nicht mehr arbeitet. Nur weil sie dort hören müsste, daß sie nichts hört. Hat sie gar nicht interessiert.
Ich reite ein in die geschlossene Station, muß meine Würde im Schwesternzimmer deponieren. Handy, Geld, Gürtel, Rasierwasser (Glas), Rasiergerät, Feuerzeug etc...
Danach laufe ich genau wie andere Patienten mit rutschender Hose übern Flur. Mit beiden Händen immer schön festhalten.
Beiß die Zähne zusammen, sage ich mir wieder. Du ziehst das hier durch! Und Du wirst kein böses Wörtchen sagen. Immer die Schnauze halten und so freundlich sein, bis die irgendwann merken, daß ich völlig harmlos bin.
Nach anderthalb Tagen haben die das dann auch gemerkt und wurden selber freundlicher.
Also, nachts gegen zwei frage ich die Pfleger, wann ich denn jetzt mein von der Dienstärztin versprochenes Seroquel zur Nacht bekomme, zum Schlafen? Das nehme ich ja jeden Abend. Man habe meine Akte noch nicht da, wurde einsilbig mitgeteilt
Stunden später....da hatte man dann meine Akte da. Da kam der Pfleger auf mich zu. Nicht etwa, um mir endlich mein Seroquel zu geben. Nein, um mich zu fragen, was ich nun eigentlich für Medikamente bekomme, welche Dosis? Er ergänzte meine Angaben in der Akte.
Nach meiner chancenlosen Seroquel-Diskussion meines letzten Aufenthaltes hatte ich keine Lust, die Debatte schon wieder zu beginnen.
Ohne Seroquel kam ich durch die Nacht. Habe gegen morgen sogar zwei, drei Stunden geschlummert, halb im Sitzen, fühlte mich trotzdem ausgeruhter als vorher.
Essen kann man nichts in dieser Station. Schon damals ekelte ich mich, wie all die ungewaschenen Patienten mit ihren schmuddeligen Finger ins für alle offen liegende Essen langten. Saufraß übrigens.
Warum ich nichts esse? Ich wollte ja freundlich sein. Ach, es tut mir sehr leid, aber ich habe einfach keinen Appetit.
Mittags dann nehme ich auf pflegerische Aufforderung doch mein Tablett vom Wagen. Drauf ein Teller Suppe. Kein Suppenteller. Ein flacher Teller mit Suppe drauf, die gerade den Boden bedeckte.
Drin in einer dünnen, fleischlosen Brühe ein bißchen zerkochtes Gemüse. Roch sehr übel. Ohne Brot. Weg mit dem Tablett.
Man weiß ja, daß die Landesregierung die ganze Uniklinik, die seit Jahren rote Zahlen schreibt, dichtmachen will. Da muß man für so eine Sparsuppe dankbar sein.
Warum haben Sie denn wieder nichts gegessen? Ach, ich hab mir eine Pizza bestellt. Andere Patienten liefen über den Flur mit Pizza-Service-Flyern in der Hand. Ob ich auch was bestellen möchte?
Trotz allem ging es mir in ner Geschlossenen besser als beim letzten Mal. Weil ich mir gleich an der Eingangstür gesagt hatte: Du erwartest absolut nichts hier. Sei froh, wenn sie Dich nicht vergiften. Sei dankbar, wenn Du nicht geschlagen wirst. Sei glücklich, wenn die nicht wieder dein Blut durchs Schwesternzimmer spritzen.
Beim letzten Mal hatte so ein Pfleger, der sich ansonsten nur um seine gegelte Kurzhaar-Frisur und seine weißen Turnschuh kümmerte, mir die Kanüle bei der Blutabnahme so blöde in den Arm gerammt, daß das Blut nur so spritzte.
Scheiße! Scheiße, Scheiße, hat der nur noch gebrüllt. Und sich um seine handschuhlosen blutbefleckten Hände und Klamotten gekümmert.
Ich saß inzwischen da mit meinem verletzten Arm und sagte mir im Angesicht des rumschreienden Pflegers: Sei still, Alexander, sag kein Wort. Bleib ganz ruhig!
Erst als der mit seiner Sprühflasche kam und den Tisch anfing vom Blut zu säubern, und mir dabei immer voll das Reingungsmittel ins Gesicht spritze, erlaubte ich mir die Bitte: Könnten Sie freundlicherweise aufhören, mir ins Gesicht zu sprühen?!
Der verdrehte nur die Augen und stöhnte, als habe da wieder ein vollkommen Irrer irgendeinen nervenden Blödsinn geredet.
Tja, all das hatte ich auch nicht vergessen. Aber ich habe es irgendwie geschafft, mich innerlich von dem ganzen Irrsinn in dieser Irrenanstalt zu distanzieren und auch innerlich ganz ruhig zu bleiben. Weil ich alle Erwartungen hatte fahren lassen.
Ich bin sogar dann ruhig geblieben, als die mir am zweiten Abend doch tatsächlich mein Seroquel gegeben habe und ich ihnen nicht vor lauter Dankbarkeit um den Hals gefallen bin.
Die haben mir sogar (nach Rücksprache mit dem Oberarzt) noch ein Aspirin spendiert, weil ich ja nach so vielen schlaflosen Nächten nun doch ein wenig Kopfweh hatte.
Und jetzt kommt die Oberpointe. Halte sich fest, wer das alles hier gelesen hat. Was jetzt kommt, darf geglaubt werden, auch wenn es klingt, als hätte ich mir da einen ganz schlechten Witz ausgedacht.
Ich war also abends gegen 10 Uhr mit Seroquel endlich eingeschlafen. Nachts gegen halb 3 wurde ich von der Schwester geweckt.
Sie wollte nur wissen, ob denn das Aspirin gewirkt hätte?
Ob denn das Aspirin gewirkt hätte?
Ich war sogar da noch total freundlich, bin ganz ruhig geblieben und habe ein bißchen schlaftrunken gestammelt: Ja, das Aspirin hat gewirkt, Dankeschön!
Da gehst Du mit einer Manie in die Geschlossene, weil Du etliche Nächte nicht geschlafen hast. Dann nehmen die Dir als Erstes wieder mal deine Medikamente weg, damit Du auch weiterhin nicht schlafen kannst und noch manischer wirst.
Und wenn Du dann endlich schlafen kannst, dann wecken sie dich wieder auf. Um zu fragen, ob denn eigentlich Aspirin bei Dir hilft.
Sie hätte auch fragen können, ob ich denn jetzt gut geschlafen habe.
Ich lag übrigens in einem sogenannten Überwachungszimmer. Eine Tür mit Glasfenster ging direkt ins Schwesternzimmer. Wenn die da mal durchgeguckt hätten, hätten die gesehen, daß ich friedlich ratze wie in Abrahams Schoß. Und daß ich auch noch lebendig bin und atme (nur nicht mit dem linken unteren Lungenlappen, aber das interessierte ja keinen).
Nein, die kommen in mein Zimmer, wecken mich. Um mir die lebenswichtige Frage zu stellen, ob mir denn das Aspirin geholfen hätte? Nachts gegen 3.
Das glaubt einem ja gar keiner.
Ich bin dann recht schnell wieder eingeschlafen. So übermüdet, wie ich war. Am nächsten Morgen fühlte ich mich gut. Frisch und ausgeschlafen. Und kein bißchen manisch.
Wollte nach diesen heilsamen 2 Tagen doch lieber wieder nach Hause gehen. Glaubte, da sei ich dann doch meines Lebens sicherer.
Und was soll ich Euch sagen: Sogar die Ärztin, die mich nicht aufnehmen wollte, sogar die war plötzlich total freundlich. Offenbar froh und erleichter, daß ich so schnell wieder verschwinde. Und daß ich total freundlich geblieben bin die ganze Zeit.
Sie lächelte mich selber bemüht freundlich, gab mir sogar die Hand, und wünschte mir alles Gute.
Na dann, dachte ich. Bis zum nächsten Mal. Das wird laut meiner persönlichen Psychiatrie-Aufenthaltsstatistik frühestens in einem Jahr, eher in zwei Jahren sein. Und dann wieder laut Durchschnitt für zwei bis drei Tage.
Länger hält man das da ja auch nicht aus.
Meinem ambulanten Psychiater und meinem Psychotherapeuten habe ich gesagt, daß der Psychiatrie-Aufenthalt wieder mal sehr gut war. Weil maximale Abschreckungsfunktion. Und die brauche ich von Zeit zu Zeit. Damit ich nicht länger in der Psychiatrie bleibe als unbedingt nötig.
So habe ich mir seit 30 Jahren meine Freiheit bewahrt. Und meine Erwerbsfähigkeit.
Danke, Oh Du Geschlossene in Halle...da werden übrigens laut gängigem Sprichwort die Dummen nie alle.
Aleksis
PS: Natürlich gibt es Schlimmeres. Für mich zum Beispiel die Psychiatrie in der DDR. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
ich bin vor ein paar Tage dem Rat des Forums hier gefolgt, dem meines Psychotherapeuten und auch dem meiner Lebensgefährtin: Ich bin in die Psychiatrie (Geschlossene) gegangen.
Ich wollte da eigentlich nie wieder hin, aber ich habe mir gesagt: Zieh das jetzt durch, beiß die Zähne zusammen und lass alles mit Dir geschehen.
Nach zwei Monaten Depression folgten zwei Wochen Hypomanie mit Mischzuständen. Ich konnte von Tag zu Tag weniger schlafen, am Ende gar nicht mehr. Vorm Einschlafen habe ich dann Angstzustände - ich würde nie wieder aufwachen.
Ich hab das schon mein Leben lang, mein Bruder hat das auch, wir hatten beide Todesangst vorm Alkoholiker-Vater.
Keine meiner vielen Psychotherapien hat daran was geändert in den letzten 25 Jahren. Oft wach ich mit Panik-Attacken schreiend aus dem Schlaf auf. Als hätte ich ein Kriegstrauma.
Dazu bin ich also bipolar und trockener Alkoholiker.
Nachdem ich ein paar Tage fast gar nicht mehr geschlafen hatte, aber morgens halb 5 aufgestanden und zur Arbeit bin...die teils bis abends um 9 geht ... bin ich eines Morgens zusammengebrochen, nur noch Heulen, Schreien, Zähneklappern.
Dann in meine gehasste Psychiatrie. Das war Freitag abend.
Die Ärztin, die kam, verdrehte nur die Augen und sagte zum Pförtner: Ach, den kenn ich schon.
Sie mag mich nicht. Vor zweieinhalb Jahren war ich da. Die haben mir mein Seroquel damals weggenommen, aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen. Die Folge: Ich konnte nicht schlafen in der Geschlossenen, bin zwei Nächte den Flur auf und ab.
Dazu bizarre nächtliche Diskussionen mit den diensthabenden Ärzten. Mein Hinweis - wenn ich nicht schlafen kann mehrere Nächte, werde ich manisch - haben die nicht weiter ernstgenommen.
Schlafentzug ist für mich Folter. Am Ende bin ich verbal ziemlich scharf geworden damals, 2011.
Nicht laut, nicht unter der Gürtellinie, aber sehr ätzend. Kann ich gut. War da schon manisch. Die Ärzte wurden echt sauer auf mich. Der Oberarzt und ich haben uns damals gesagt: Ich mag Sie nicht, Sie mögen mich nicht. Lassen Sie uns aber das hier mit Anstand durchziehen. Das sei die richtige Einstellung, sagte der Oberarzt.
Die Ärztin jetzt am Freitag hat mich behandelt wie einen räudigen Hund. Hat mich jeden Moment spüren lassen, daß sie mir damals, in meiner Manie, die Sachen übelgenommen hat, die ich gesagt hatte. Und daß sie es auch nicht vergessen hat in den zweieinhalb Jahren.
Einem manischen Psychotiker seine Worte über Jahre übelnehmen als Psychiater - ist das professionell?
Sie wollte mich nicht aufnehmen. Ich teilte mit, ich hätte mehrere Nächte nicht geschlafen, sei dann zusammengebrochen, und ich werde manisch. Noch so eine Nacht voller Todesangst stehe ich nicht durch, sagte ich.
Nach Rücksprache mit dem Oberarzt (der mich auch nicht mag) haben die entschieden, mich nicht aufzunehmen. Da sei ja noch ein bißchen "Spielraum" drin bei mir.
Ich habe die dann gezwungen. Habe wahrheitsgemäß gesagt, ich weiß jetzt nicht, wohin, Meine Frau hatte mir den Wohnungsschlüssel abgenommen, damit sie endlich auch mal wieder ruhig schlafen kann. Damit ich nicht nachts manisch plötzlich wieder lautstark in der Wohnung stehe.
Ich hatte ihr ja versprochen: Ich bleibe auf jeden Fall in der Klinik.
Ich müsste meine Frau jetzt sofort anrufen, befahl die Domina...äh...Doktorin. Das lehnte ich ab: Ich hatte meiner Frau versprochen, sie nicht schon wieder nachts aus dem Schlaf zu reißen. Es war mittlerweile gegen ein Uhr nachts.
Dann hätte ich also jetzt ein Problem, sagte ich. Dann müsste ich wohl (ohne Geld und Geld-Karte) in ein Hotel gehen.
Die Ärztin verdrehte die Augen und fing an zu schimpfen. Nein, das findet sie einfach nicht gut., was ich jetzt grad mache. Das findet sie absolut ... (Scheiße) ... nicht gut.
Nach weiterer Rücksprache mit dem Oberarzt sah man ein: Man musste mich aufnehmen.
Ich fragte höflich, was man gegen meine Schlaflosigkeit und gegen meine Panik-Attacken zu tun gedenke.
Ich würde halt mein Seroquel zur Nacht bekommen.
Mein Hinweis: Dann werde ich zwar müde. Das ist aber ein quälender Zustand, weil ich nach jahrzehntelanger Erfahrung in dieser Situation und Verfassung trotzdem nicht einschlafen kann. Da ist die Todesangst vor.
Nee, also nein, sagt die Ärztin: Da könne man jetzt nichts weiter für mich tun. Ich kriege Seroquel und sonst gar nichts.
OK. Dann muss sie mich untersuchen, wegen der Klinik-Aufnahme. Sowas hab ich außerhalb dieser Klinik noch nie erlebt. Ich will mein T-Shirt ausziehen, sie unterbindet das. Hält mir ihr Hörgerät flüchtig über mein T-Shirt, hört sichtlich gar nicht hin.
Ich weise sie ordnungsgemäß darauf hin, daß mein linker unter Lungenflügel nicht mehr arbeitet. Nur weil sie dort hören müsste, daß sie nichts hört. Hat sie gar nicht interessiert.
Ich reite ein in die geschlossene Station, muß meine Würde im Schwesternzimmer deponieren. Handy, Geld, Gürtel, Rasierwasser (Glas), Rasiergerät, Feuerzeug etc...
Danach laufe ich genau wie andere Patienten mit rutschender Hose übern Flur. Mit beiden Händen immer schön festhalten.
Beiß die Zähne zusammen, sage ich mir wieder. Du ziehst das hier durch! Und Du wirst kein böses Wörtchen sagen. Immer die Schnauze halten und so freundlich sein, bis die irgendwann merken, daß ich völlig harmlos bin.
Nach anderthalb Tagen haben die das dann auch gemerkt und wurden selber freundlicher.
Also, nachts gegen zwei frage ich die Pfleger, wann ich denn jetzt mein von der Dienstärztin versprochenes Seroquel zur Nacht bekomme, zum Schlafen? Das nehme ich ja jeden Abend. Man habe meine Akte noch nicht da, wurde einsilbig mitgeteilt
Stunden später....da hatte man dann meine Akte da. Da kam der Pfleger auf mich zu. Nicht etwa, um mir endlich mein Seroquel zu geben. Nein, um mich zu fragen, was ich nun eigentlich für Medikamente bekomme, welche Dosis? Er ergänzte meine Angaben in der Akte.
Nach meiner chancenlosen Seroquel-Diskussion meines letzten Aufenthaltes hatte ich keine Lust, die Debatte schon wieder zu beginnen.
Ohne Seroquel kam ich durch die Nacht. Habe gegen morgen sogar zwei, drei Stunden geschlummert, halb im Sitzen, fühlte mich trotzdem ausgeruhter als vorher.
Essen kann man nichts in dieser Station. Schon damals ekelte ich mich, wie all die ungewaschenen Patienten mit ihren schmuddeligen Finger ins für alle offen liegende Essen langten. Saufraß übrigens.
Warum ich nichts esse? Ich wollte ja freundlich sein. Ach, es tut mir sehr leid, aber ich habe einfach keinen Appetit.
Mittags dann nehme ich auf pflegerische Aufforderung doch mein Tablett vom Wagen. Drauf ein Teller Suppe. Kein Suppenteller. Ein flacher Teller mit Suppe drauf, die gerade den Boden bedeckte.
Drin in einer dünnen, fleischlosen Brühe ein bißchen zerkochtes Gemüse. Roch sehr übel. Ohne Brot. Weg mit dem Tablett.
Man weiß ja, daß die Landesregierung die ganze Uniklinik, die seit Jahren rote Zahlen schreibt, dichtmachen will. Da muß man für so eine Sparsuppe dankbar sein.
Warum haben Sie denn wieder nichts gegessen? Ach, ich hab mir eine Pizza bestellt. Andere Patienten liefen über den Flur mit Pizza-Service-Flyern in der Hand. Ob ich auch was bestellen möchte?
Trotz allem ging es mir in ner Geschlossenen besser als beim letzten Mal. Weil ich mir gleich an der Eingangstür gesagt hatte: Du erwartest absolut nichts hier. Sei froh, wenn sie Dich nicht vergiften. Sei dankbar, wenn Du nicht geschlagen wirst. Sei glücklich, wenn die nicht wieder dein Blut durchs Schwesternzimmer spritzen.
Beim letzten Mal hatte so ein Pfleger, der sich ansonsten nur um seine gegelte Kurzhaar-Frisur und seine weißen Turnschuh kümmerte, mir die Kanüle bei der Blutabnahme so blöde in den Arm gerammt, daß das Blut nur so spritzte.
Scheiße! Scheiße, Scheiße, hat der nur noch gebrüllt. Und sich um seine handschuhlosen blutbefleckten Hände und Klamotten gekümmert.
Ich saß inzwischen da mit meinem verletzten Arm und sagte mir im Angesicht des rumschreienden Pflegers: Sei still, Alexander, sag kein Wort. Bleib ganz ruhig!
Erst als der mit seiner Sprühflasche kam und den Tisch anfing vom Blut zu säubern, und mir dabei immer voll das Reingungsmittel ins Gesicht spritze, erlaubte ich mir die Bitte: Könnten Sie freundlicherweise aufhören, mir ins Gesicht zu sprühen?!
Der verdrehte nur die Augen und stöhnte, als habe da wieder ein vollkommen Irrer irgendeinen nervenden Blödsinn geredet.
Tja, all das hatte ich auch nicht vergessen. Aber ich habe es irgendwie geschafft, mich innerlich von dem ganzen Irrsinn in dieser Irrenanstalt zu distanzieren und auch innerlich ganz ruhig zu bleiben. Weil ich alle Erwartungen hatte fahren lassen.
Ich bin sogar dann ruhig geblieben, als die mir am zweiten Abend doch tatsächlich mein Seroquel gegeben habe und ich ihnen nicht vor lauter Dankbarkeit um den Hals gefallen bin.
Die haben mir sogar (nach Rücksprache mit dem Oberarzt) noch ein Aspirin spendiert, weil ich ja nach so vielen schlaflosen Nächten nun doch ein wenig Kopfweh hatte.
Und jetzt kommt die Oberpointe. Halte sich fest, wer das alles hier gelesen hat. Was jetzt kommt, darf geglaubt werden, auch wenn es klingt, als hätte ich mir da einen ganz schlechten Witz ausgedacht.
Ich war also abends gegen 10 Uhr mit Seroquel endlich eingeschlafen. Nachts gegen halb 3 wurde ich von der Schwester geweckt.
Sie wollte nur wissen, ob denn das Aspirin gewirkt hätte?
Ob denn das Aspirin gewirkt hätte?
Ich war sogar da noch total freundlich, bin ganz ruhig geblieben und habe ein bißchen schlaftrunken gestammelt: Ja, das Aspirin hat gewirkt, Dankeschön!
Da gehst Du mit einer Manie in die Geschlossene, weil Du etliche Nächte nicht geschlafen hast. Dann nehmen die Dir als Erstes wieder mal deine Medikamente weg, damit Du auch weiterhin nicht schlafen kannst und noch manischer wirst.
Und wenn Du dann endlich schlafen kannst, dann wecken sie dich wieder auf. Um zu fragen, ob denn eigentlich Aspirin bei Dir hilft.
Sie hätte auch fragen können, ob ich denn jetzt gut geschlafen habe.
Ich lag übrigens in einem sogenannten Überwachungszimmer. Eine Tür mit Glasfenster ging direkt ins Schwesternzimmer. Wenn die da mal durchgeguckt hätten, hätten die gesehen, daß ich friedlich ratze wie in Abrahams Schoß. Und daß ich auch noch lebendig bin und atme (nur nicht mit dem linken unteren Lungenlappen, aber das interessierte ja keinen).
Nein, die kommen in mein Zimmer, wecken mich. Um mir die lebenswichtige Frage zu stellen, ob mir denn das Aspirin geholfen hätte? Nachts gegen 3.
Das glaubt einem ja gar keiner.
Ich bin dann recht schnell wieder eingeschlafen. So übermüdet, wie ich war. Am nächsten Morgen fühlte ich mich gut. Frisch und ausgeschlafen. Und kein bißchen manisch.
Wollte nach diesen heilsamen 2 Tagen doch lieber wieder nach Hause gehen. Glaubte, da sei ich dann doch meines Lebens sicherer.
Und was soll ich Euch sagen: Sogar die Ärztin, die mich nicht aufnehmen wollte, sogar die war plötzlich total freundlich. Offenbar froh und erleichter, daß ich so schnell wieder verschwinde. Und daß ich total freundlich geblieben bin die ganze Zeit.
Sie lächelte mich selber bemüht freundlich, gab mir sogar die Hand, und wünschte mir alles Gute.
Na dann, dachte ich. Bis zum nächsten Mal. Das wird laut meiner persönlichen Psychiatrie-Aufenthaltsstatistik frühestens in einem Jahr, eher in zwei Jahren sein. Und dann wieder laut Durchschnitt für zwei bis drei Tage.
Länger hält man das da ja auch nicht aus.
Meinem ambulanten Psychiater und meinem Psychotherapeuten habe ich gesagt, daß der Psychiatrie-Aufenthalt wieder mal sehr gut war. Weil maximale Abschreckungsfunktion. Und die brauche ich von Zeit zu Zeit. Damit ich nicht länger in der Psychiatrie bleibe als unbedingt nötig.
So habe ich mir seit 30 Jahren meine Freiheit bewahrt. Und meine Erwerbsfähigkeit.
Danke, Oh Du Geschlossene in Halle...da werden übrigens laut gängigem Sprichwort die Dummen nie alle.
Aleksis
PS: Natürlich gibt es Schlimmeres. Für mich zum Beispiel die Psychiatrie in der DDR. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.