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Abgrenzung/Neinsagen ohne schlechtes Gewissen (11 Antworten)

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Hallo,

ich brauche mal ein paar Tipps bezüglich Abgrenzung/"Neinsagen" und wie ihr das handhabt.
Eigentlich geht es mir in den letzten Monaten sehr gut, ich schlafe sehr gut, ich kann gut studieren, gehe wieder einmal in der Woche einem Hobby in der frischen Luft nach, treffe mich regelmäßig mit meinen Freunden und plane Sonntag immer fest als meinen "Faul herumliegen, lesen und Nichtstuntag" ein - soweit also eine gesunde Abwechslung zwischen Aktivität und Entspannung.
Nun habe ich angefangen auch ab und an Tätigkeiten nachzugehen, die mir einserseits Freude bereiten, andererseits auch ein wenig Geld einbringen: Ich gebe einem Nachbarskind Nachhilfe und schreibe ab und zu mal Artikel für eine Zeitung. Das ist für mein Selbstwertgefühl sehr förderlich, weil ich alte "Resourcen" wiederentdecke und ich auch wieder eine kleine finanzielle Unabhängigkeit von meinen Eltern empfinden kann(die mich zum Glück sehr unterstützen).

Nun ist es so, dass ich ja wieder in meinem Heimatort lebe. Die Leute kennen mich dort von klein auf an als "fleißige Biene", die sich schon recht jung ehrenamtlich engagiert hat und neben der Schule bei interessanten Nebenjobs einige nützliche Fertigkeiten aneignen konnte.
Von den zwei Jahren, in denen depressionsbedingt nichts ging, hat durch den Ortswechsel also niemand was mitbekommen, von diesen entfernten Bekannten. Dagegen ist ihnen gut meine "hypomanische Phase" in Erinnerung - nicht als krankhaft, sondern, dass ich kurz vor Umzug mich durch viele verschiedene Aktivitäten und Einfallsreichtum "geglänzt" habe. Quasi als Allrounder, immer on Tour, gut gelaunt, effizient und kreativ arbeitend... (die Schattenseite habe ja nur ich und mein nahes Umfeld erlebt, von diesem Zustand).

Seit dem ich nun wieder regelmäßiger unter die Leute gehe, merke ich nun, das die Leute versuchen, mich wieder verstärkt einzuspannen.
Bei mir Leuten da erstmal alle Alarmglocken à la "bloß nicht wieder Hans Dampf in allen Gassen spielen und zu gutmütig sein, um Nein zu sagen und deine Belastunggrenzen nicht einzuhalten!!".
Also bin ich gerade oft in der Position der "Nein-Sagerin" angesichts vieler Angebote oder Bitten, die an mich gerichtet werden. Oft wird auch nicht verstanden, warum ich nicht mehr so allseits aktiv bin wie früher ("Du studierst doch nur, du müsstest mehr Zeit haben dich gesellschaftlich zu engagieren als ich als Berufstätige.")

Einerseits bin ich schon zufrieden damit, dass ich durch die Psychotherapie jetzt sehr oft "Nein" sagen konnte und eben viele Angebote, die mir zur Zeit durch Bekannte entgegen springen, ablehnen konnte.
Andererseits empfinde ich es auch als "anstrengend", dass mich Leute so __überschätzen__ meiner Meinung nach, also sozusagen die hypomanische Phase als Maßstab an mich heranlegen. Unter anderem wird mir seit Monaten unterbreitet, ich sollte in die Lokalpolitik einsteigen (ohne jegliche Vorerfahrung mit Anfang 20), obwohl ich jedesmal sage ich bin zu jung und unerfahren dafür und ich will und schaffe das zeitlich nicht.

Ich tue mir schwer zu erklären, warum ich (auch verglichen mit den Zeiten vor meiner hypomanischen Phase) ruhiger geworden bin und eben nicht mehr überall mitmische. Ich möchte meine Prioritäten selbst setzen und ich brauche auch Zeit mich auszuruhen, ich möchte nicht ständig Ämter in Sportvereinen o.ä. mit Verantwortung übernehmen. Mein Studium hat außerdme oberste Priorität, nachdem ich durch meine Krankheit mein erstes Studium abbrechen musste.

Nun ist es so, dass es auch viele Bekannte meiner Familie sind und es mir dadurch doppelt schwer fällt, immer Nein zu sagen.
Wie schaffe ich es mein "schlechtes Gewissen" gegenüber den Leuten abzustellen? Ich habe irgendwie auch Angst, dass dieses Umfeld für meinen "hypomanische" Seite der Erkrankung verführerisch wirken kann. Andererseits gibt mir mein Heimatort durch die vielen, alten Freunde und meine Familie die nötige Stabilität nach der Krankheitsphase...

Aber ich packe es gerade gar nicht, dass alle irgendwie "etwas von mir wollen" und dann enttäuscht sind, dass ich ständig "Nein" sage.

Sollte ich vielleicht erwähnen (ohne nähere Angaben), dass ich gesundheitlich nicht so fit war die letzten zwei Jahre und deswegen jetzt ein ruhigerer Mensch geworden bin? Aber was sage ich dann, wenn man fragt, was ich hatte?

Wäre um Tipps dankbar,
Tagtraum

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