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Exfreund bipolar - wie geht es weiter? (22 Antworten)

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Hallo liebe Forumsmitglieder,

hier meldet sich eine weitere Angehörige, bzw. eine, die das bis vor Kurzem war.
Ich habe hier und an anderer Stelle so viel gelesen, dass mir zu verstehen geholfen hat. Jetzt möchte ich aber noch zu meinem speziellen Fall Eure Ansicht hören, weil es doch etwas anders gelagert ist:
Mein Freund erhielt während unserer Beziehung die Diagnose mittelschwere Depression. Nach dem Beziehungsende wurde mir aber klar, dass er eine bipolare Störung hat. Jetzt sind wir auf seinen Wunsch getrennt, und ich glaube nicht, dass er weiß, was mit ihm los ist.

Für mich habe ich folgenden Entschluss gefasst: wenn er sich nicht therapieren lassen will, sondern seine (hypo-)manischen Phasen ok findet, wünsche ich keinen Kontakt mehr zu ihm. Zum Zeitpunkt der Trennung war er ein unerträglicher Fremder für mich. Aber da gab es auch mal einen Mann, den ich immer noch liebe und nicht verabschieden konnte. Diesen würde ich gerne unterstützen, wenn er denn wieder auftauchen würde ...

Die lange Geschichte:

Ich habe meinen Ex über ein BDSM-Forum kennengelernt. Es ging uns aber nicht einfach um Sex. Und BDSM auch nur als gelegentlichen Kick, kein Lifestyle.
Aus der Affäre wurde schnell Liebe, obwohl er gleich zu Beginn in der dominanten Rolle die Kontrolle verloren hat. Er gestand mir, dass er vorher eigentlich keine Erfahrung auf dem Gebiet hatte, das Erlebnis ihn aber enorm gekickt hätte. Dann folgten "emotionale Aussetzer" seinerseits, und ich beendete die Beziehung verwirrt und verständnislos. Er suchte wieder den Kontakt, erklärte sein Verhalten und schilderte seine Hilflosigkeit in manchen Situationen. Wir haben uns wieder zusammengerauft. Und er wollte aus Schuldgefühlen zunächst nur noch "Vanilla"-Sex.

Nach einem Jahr plötzlich Zusammenbruch, Panikattacken, schließlich Krankenhaus. Diagnose: mittelschwere atypische Depression.

Der Mann hat jede Möglichkeit der Hilfe wahrgenommen. In zwei Wochen enorme Erfolge. Wurde auf eigenen Wunsch entlassen. Hat seine Situation auf der Arbeit geklärt. Und er konnte endlich über seine Gefühle sprechen! Ich war so stolz auf ihn.
Es sollte die Wiedereingliederung folgen mit Verhaltenstherapie, aber die Krankenkasse hat ihn rausgeworfen! Also stattdessen wöchentliche Gesprächstherapie.

Er ist offen mit der Diagnose umgegangen und erfuhr von Familie, Freunden und Arbeitskollegen eigentlich nur Unterstützung.
Es war hart, aber es war bei Weitem nicht so schlimm, wie so manche Schicksalsgeschichte, die ich hier und woanders gelesen habe.
Wir waren ein tolles Team mit vielen Gemeinsamkeiten, gemeinsamen Freundeskreis und intensivem Liebesleben. Wir wollten zusammenziehen.

Nach ein paar Monaten wünschte er wieder gleiche Augenhöhe in der Beziehung. Von mir keine Motivationsversuche oder Nachfragen, wie es in der Therapie läuft erwünscht. Und die Therapiestunden nur noch alle zwei Wochen. Seinen Wunsch, als Gesunder behandelt zu werden, konnte ich voll verstehen. Und ich wollte ja auch gerne wieder eine echte Partnerschaft. Ich habe mich auf die Therapeutin verlassen.

Aber die Entwicklung ging schleichend bergab: Nur noch BDSM-Sex, kein Vanilla. Immer härtere Gewaltfantasien (nicht ausgelebt). Plötzlich Wutausbrüche ohne Grund. Die nicht vorhandenen Gründe erklärte er aber außerordentlich wortreich, nachdem er wochenlang geschmollt hat. Früh müde, unkonzentriert, nur noch oberflächliche Gespräche, immer gereizter, wachsende Gefühlskälte, Selbstüberschätzung. In Gesellschaft drehte er auf, verhielt sich mir gegenüber rücksichtslos. Seine Therapeutin erklärte seine unerträglichen Launen angeblich mit der Aufgewühltheit durch die Therapie. Ich zog mich zurück, wartete ab.

Schließlich gab es einen Anlass, nachdem ich die Verletzung einfach nicht mehr ertrug. Ich verließ die Gesellschaft und machte anschließend am Telefon mit ihm Schluss. Ich brauchte ein paar Tage für mich zum Grübeln. Dann die Erkenntnis, wie bergab es die letzten Monate gegangen war. Dass der Mann alles andere als gesund war, und ich ihn in der geforderten "normalen" Partnerschaft völlig überfordert hatte.
Ich rief ihn an. Jetzt wollte er nicht mehr. Er könne nicht mehr über Beziehung reden, ich würde ihn nur noch wütend machen, ihn immer nur für krank oder rücksichtslos halten. Er wollte auch keine Pause, sondern sofort offen für etwas Neues sein. Er verabredete sich trotzdem noch mit mir, und wir unternahmen zwei Mal etwas an der frischen Luft, um ihn runterzubringen. Er wurde auch ruhiger, brachte mir aber bei erster Gelegenheit meine Sachen inklusive meines Schlüssels. Seinen Schlüssel ließ er bei mir ...
Ich sagte ihm, dass ich ihm auch in Zukunft zur Seite stehen würde. Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen, seine Situation so verkannt zu haben. Außerdem erfuhr ich erst jetzt, dass seine Therapeutin während der Katastrophe im Urlaub war, und er gar keine Rücksprache mehr mit ihr hatte ...

Mittlerweile sind wir zwei Monate getrennt. Wir haben keinen Kontakt mehr, nachdem ich seine Mail-Anfrage, ob ich ihn vom Zahnarzt abhole, knapp verneint habe.
Über online-Wege habe ich erfahren, dass er sich schnell etwas lautes buntes labiles Neues aufgerissen hat (man verzeihe mir den Zynismus an dieser Stelle). Sie steht übrigens nicht auf BDSM. Diese Kicks bleiben also vorerst aus.

Ich meine inzwischen verstanden zu haben, was da tatsächlich mit ihm los war. Ich glaube, er hat schon immer unter der Mischform gelitten. Zuletzt hat aber die Hypomanie überhand genommen. Und ich habe eine Mordswut auf den größenwahnsinnigen Egomanen entwickelt, der mir erklärte, er sei "in der Beziehung zu kurz gekommen". Und dann meldete sich die Erinnerung an den geliebten Mann, wie es einmal war - und dass ich mir das nicht eingebildet haben kann. Ich vermute, dass er jetzt (überwiegend) unglücklich ist. Aber welche Chance habe ich, so lange er diese Wut auf mich und den Zweifel an seiner Großartigkeit hat? In den Schmoll- und Wutphasen nach seinen ersten jähzornigen Ausbrüchen hatte er wohl eigentlich verzweifelt gewollt, dass er an die Hand genommen wird. Später war er nur noch sauer.
Was ist da jetzt los?

Ich möchte ihm einen Brief schreiben, ihn vor die Entscheidung stellen und seine Schlüssel mit dazu packen. Oder lieber abwarten?
Ich hasse diese Warteschleife! Aber ich will auch nicht, dass die letzte Chance auf Kommunikation verpasst wird, weil mein Brief ihn in der falschen Phase erwischt.

Tut mir leid, ist doch lang geworden.
Kann mir jemand etwas raten?

Noch hoffnungsvoll.

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